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Vor dem Ende …

I
Was ich hier schreibe, mag man verstehen wie man will.

II
Die Menschen, die mit mir zu tun haben, mich aber nicht kennen, müssen wissen, dass ich nicht der bin, für den sie mich halten.

III
Die Menschen, die mich etwas kennen, müssen wissen, dass ich nicht der bin, für den sie mich halten.

IV
Die Menschen, die glauben, mich zu kennen, müssen wissen, dass ich nicht der bin, für den sie mich halten.

V
Die Menschen, die mich kennen, wissen, dass ich nicht der bin, für den mich andere halten.

VI
Die Menschen, die ich nicht kenne, bekommen von mir alles.

VII
Die Menschen, die ich kenne, bekommen von mir nichts.

VIII
Ich lüge wie ich will, nicht, wie andere es mir nahe legen.

IX
Ich bin schuldig und schwach, das ist für einen Menschen nichts Besonderes, aber es ist gut für mich zu wissen.

X
In der Kommunikation bin ich grundsätzlich liberal; innerlich aber bin ich totalitär, im Denken wie im Fühlen.

XI
Kurzfristig bin ich bereit und in der Lage, optimistisch zu sein, sonst könnte ich den Tag nicht überstehen. Aber über den Tag hinaus hilft mir das ganz und gar nicht.

XII
Da ich schlecht genug bin und in meinen eigenen Dummheiten schmore, habe ich niemanden etwas vorzuwerfen.

XIII
Meine Schlechtigkeit zwingt mich zum Schweigen. Meine Schwachheit aber läßt mich immer wieder quatschen.

XIV
Über meine kleinen Beschwerden erzähle ich alles, über die großen schweige ich.

XV
Über meine große Beschwerden erzähle ich alles, über die kleinen schweige ich.

XVI
Ich bin nicht wirklich schöpferisch, habe kein Herzensmedium. Vielleicht hätte ich ein mittelmäßiges Buch schreiben, einen halbwegs klugen Satz sagen, ein hübsches Bild malen oder ein hörbares Lied komponieren oder singen können, aber es ist alles geschrieben, alles gesagt, alles gemalt, alles komponiert und alles gesungen. Nun gut, um mich auch von der Unbill meines Körpers und den leeren Stunden abzulenken, mache ich Bilder und Filme. Ob sie über mich hinaus bestehen, ist fraglich und auch nicht bedeutsam.

XVII
Die Strafe für das Leid, das ich anderen zugefügt habe, werde ich bekommen. Glücklicherweise weiß ich nicht, wann ich dafür büßen muß.

XVIII
Ich habe alle im Stich gelassen, und ich werde alle im Stich lassen.

XIX
Aus eigener Kraft kann ich nicht leben, und aus eigener Kraft kann ich nicht sterben.

XX
Hoffentlich kann ich die Angst vor dem Tod der Nahestehenden verkraften und ihren Tod bewältigen. In der Trauer ist man immer allein.

XXI
Ohne CWL wollte ich hier keine Zeit mehr haben.

XXII
Gott interessiert sich nicht für mich, ich interessiere mich nicht für Gott.

XXIII
Es ist nur ein christlicher Trost, dass nach dem irdischen Leben das ewige Leben beginnt. Wirklichen Trost kann nur ich mir geben.

XXIV
Ich muß also dienen und kann nur versuchen, die ewigen Wahrheiten zu verstehen und möglichst unbeschadet an mein Ende zu kommen.

XXV
Eines Tages wache ich nicht mehr auf und merke es gar nicht, brauche also in der Jetztzeit keine Angst zu haben.

XXVI

Der Tod ist im Alter, wo alles nachlässt, eine ganz gute Angelegenheit. Und der ewige Schlaf, die ewige Ruhe, befreit von allen irdischen Nöten und Sorgen.

XXVII
Ich bin der Älteste, also werde ich der Erste sein.

XXVIII
Am Ende werden wir alle weinen.

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